Ocean based CDR
Ocean based CDR

Während wir weiter nach Methoden und Technologien suchen, um die CO2-Emissionen zu reduzieren, liegt eine mögliche faszinierende Lösung in den Ozeanen unseres Planeten – die CO2-Abscheidung aus dem Meer. Dieser innovative Ansatz macht sich die Tatsache zunutze, dass unsere Ozeane riesige Mengen an CO2 aufnehmen.

Das Potenzial dieser Methode, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, ist immens und bietet einen vielversprechenden Weg, die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre zu reduzieren. In diesem Beitrag werden die Details der CO2-Abscheidung aus dem Meer (Ocean based CDR), ihre wissenschaftlichen Grundlagen, ihre möglichen Vor- und Nachteile sowie ihre Rolle bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft für unseren Planeten näher beleuchtet.

Warum Ocean based CDR?

Um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, reicht es nicht aus, „nur“ weniger CO2 auszustoßen. Das wäre so, als würde man sich in einem sinkenden Schiff voller Wasser nur darauf konzentrieren, die Lecks zu stopfen. Das ist richtig und wichtig, aber gleichzeitig müssen wir auch Wasser aus dem Schiff entfernen. Ein paar kleine Lecks im Rumpf wären sogar noch akzeptabel, solange wir gleichzeitig das Wasser schneller rausbekommen.

Das hat auch der IPCC erkannt und sieht vor, dass wir zusätzlich zu den drastischen Emissionsminderungen 100 bis 1000 GT CO2 aus der Atmosphäre entfernen müssen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu limitieren.

Für das Erreichen von einer Erderwärmung von kleiner 2 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 werden negative CO2 Emissionen benötigt.
Quelle: https://www.ipcc.ch/report/ar6/syr/figures/summary-for-policymakers/figure-spm-5

Aus diesem Grund gibt es bereits viele Ideen, wie wir das CO2 aus der Atmosphäre entfernen können. Das ist aber gar nicht so einfach, denn bei der direkten CO2-Extraktion aus der Luft (DACC) steht man vor der Herausforderung, dass nur ein sehr geringer Teil der Luft CO2 ist, nämlich 420 ppm (parts per million). Außerdem kann man das CO2 nicht einfach herausfiltern, sondern löst es in der Regel zunächst in einem Lösungsmittel, aus dem es dann isoliert wird.

Wie soll Ocean based CDR funktionieren?

Im Ozean gibt es diese Schwierigkeiten nicht: Hier ist die CO2-Konzentration etwa 100-mal höher als in der Luft und kann direkt aus dem Wasser isoliert werden [1].

Es gibt mehrere verschiedene Ansätze, CO2 aus dem Meerwasser zu extrahieren, auf manche bin ich schon in anderen Artikeln eingegangen:

  • Biologische Ansätze, wie die Renaturierung mariner Ökosysteme oder die Düngung des Ozeans
  • Mineralische Ansätze, bei denen man Gesteine im Ozean verwittern lässt, die mit dem CO2 reagieren und es so dauerhaft binden
  • Extrahieren von CO2 aus dem Meerwasser: Hier wird das CO2 direkt aus dem Meerwasser isoliert. Auf diese Methoden soll in diesem Artikel näher eingegangen werden.

Es gibt mehrere verschiedene Ansätze, um CO2 direkt aus dem Meerwasser zu extrahieren: physikalische (z. B. Einblasen von CO2-freier Luft), chemische (z. B. Zugabe von Säuren oder Basen) und elektrochemische Methoden. Letztere sind am realistischsten, am besten skalierbar und kommen ohne den Einsatz von zusätzlichen Chemikalien aus.

Hier wird elektrischer Strom verwendet, um das Meerwasser in einen sauren und einen basischen Teil zu trennen. Dazu werden Wasser und Salz im Meerwasser elektrolytisch in Natronlauge und Salzsäure bzw. Wasserstoff und Chlor aufgespalten [2]:

H2O + NaCl → HCl + NaOH bzw. 2H2O + 2NaCl → H2 + Cl2 + 2NaOH

Der saure Anteil kann zur Verwitterung alkalischer Gesteine genutzt werden, wobei CO2 dauerhaft im entstehenden Gestein gebunden wird. Oder das CO2 kann als Gas aufgefangen werden, wenn es aus dem nun anders gesäuerten Wasser ausgast.

Der basische Anteil könnte genutzt werden, um seinerseits CO2 (z.B. aus der Atmosphäre oder aus industrieller CCS) aufzunehmen. Dazu wird es in den Ozean zurückgeleitet, wo es mit neuem CO2 stabile Bikarbonate bildet und so dauerhaft bindet.

Es gibt vielfältige Ideen, wie wir CO2 aus dem Meerwasser elektrochemisch isolieren können.
Quelle: https://oceanvisions.org/electrochemical-ocean-capture/

Theoretische Konzepte sehen solche Ocean-Based CDR-Anlagen in der Nähe von Fischfarmen vor, um die dort höheren CO2-Konzentrationen zu nutzen. Denkbar sind auch Anlagen in Meerwasserentsalzungsanlagen, wo ohnehin Meerwasser in eine Anlage gepumpt wird, oder in der Nähe von Offshore-Windparks [1]. Von Vorteil ist auch die räumliche Nähe zu CO2-Endlagerstätten (CCS).

Da das Wasser nach der Abscheidung des CO2 weniger sauer ist, könnten ozeanbasierte CDR-Anlagen auch zum Schutz säureempfindlicher Ökosysteme wie Korallenriffe eingesetzt werden.

Wann können wir mit Ocean-Based CDR rechnen?

Verschiedene Akteure versuchen, diese Ideen umzusetzen. Wenn sie erfolgreich sind, können sie sich über CO2-Zertifikate finanzieren. Allerdings befinden sich die meisten Ansätze derzeit noch im Labor oder in wissenschaftlichen Papieren. An der praktischen Umsetzung scheint es noch zu mangeln.

Ocean-Based CDR ist an sich ein guter Kandidat für Carbon Offsetting, die Lösung ist additiv und dauerhaft. Es ist wahrscheinlich, dass Ocean-Based CDR Projekte umgesetzt werden, wenn es absehbar ist, dass CO2 zu wettbewerbsfähigen Preisen aus dem Ozean entfernt werden kann. Je nach Umsetzung dürften die Kosten zur Zeit zwischen 100 € und 350 € pro Tonne CO2 liegen [2]. Das ist noch recht teuer.

Wesentlich billiger ist die Kompensation durch Energieeffizienz, regenerative Energien oder ähnliche Projekte. Eine der günstigsten Alternativen für tatsächlich aus der Atmosphäre entferntes CO2 könnten Algenfarmen in der Wüste sein, die Preise von 50 € pro Tonne langfristig sicher gebundenem CO2 versprechen.

Es wird also noch einiger Innovationen bedürfen, um Ocean-Based CDR wirtschaftlich attraktiver zu machen. Potenziale für eine kostengünstigere CO2-Abtrennung liegen im Verkauf der anfallenden Nebenprodukte wie Chlor und Wasserstoff. Aufgrund der hohen Kosten für das Pumpen von Meerwasser könnten auch Synergien mit Entsalzungsanlagen oder anderen Infrastrukturen, die Meerwasser pumpen, geschaffen werden.

Aber nicht nur die Wirtschaftlichkeit ist eine Einstiegshürde, sondern auch rechtliche Fragen: Wer darf wie mit dem Meer umgehen? Es kann nicht sein, dass ein Start-up einfach alles CO2 aus dem Ozean holt und damit Ökosysteme gefährdet. Gerade im Hinblick auf die lokalen Auswirkungen muss hier eine gute Governance geschaffen werden.

Ein Unternehmen, das Ocean-Based CDR umsetzen will, ist Captura. Nach der Elektrolyse wird das CO2 unter Vakuum aus dem entstandenen sauren Teil des Meerwassers abgesaugt. Anschließend werden der saure und der basische Teil gemischt ins Meer zurückgeleitet, so dass keine Nebenprodukte entstehen. Bislang wurden allerdings noch keine nennenswerten Mengen CO2 aus dem Meer gewonnen: Die zweite Pilotanlage, die im Mai 2023 vorgestellt wurde, soll bis zu 100 Tonnen CO2 pro Jahr isolieren. [3]

So sollen die Anlagen von Captura wohl in Zukunft mal aussehen.
Quelle: https://capturacorp.com/

Fazit:

Ocean-Based CDR kann vielleicht ein Teil der Lösung sein. Das Potenzial ist jedenfalls gigantisch, denn in unseren Ozeanen ist mehr CO2 gelöst als in der gesamten Atmosphäre. In Zukunft könnten so 1 bis 5 GT CO2 pro Jahr sequestriert werden [4].

Gleichzeitig könnte diese Technologie weitere positive Effekte haben, indem sie gefährdete Ökosysteme schützt und wertvolle Nebenprodukte wie Wasserstoff und Chlor aus dem Meer gewinnt.

Der Ansatz klingt vielversprechend, scheint aber noch in den Kinderschuhen zu stecken. Aber es stimmt hoffnungsvoll, dass an den rechtlichen und praktischen Möglichkeiten geforscht wird.

Quellen:

[1] How to pull carbon dioxide out of seawater | MIT News | Massachusetts Institute of Technology

[2] https://www2.oceanvisions.org/roadmaps/electrochemical-cdr/state-of-technology/#cdrpotential

[3] https://capturacorp.com/what-we-do/

[4] https://efifoundation.org/reports/uncharted-waters/

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