Ein Startup namens „High Hopes Labs“ möchte Wetterballons in die Atmosphäre aufsteigen lassen, um dort CO2 aus der Luft zu isolieren. Das soll dank der geringen Temperatur und der starken Winde in der Stratosphäre kostengünstig und effizient möglich sein.
In diesem Artikel möchte ich euch vorstellen, wie diese Idee funktioniert und welchen Beitrag sie zur Lösung des Klimawandels leisten könnte.
Wie funktioniert Kryodestillation?
Destillation beschreibt ein Verfahren um ein Stoffgemisch mit Bestandteilen, die sich bei unterschiedlichen Temperaturen unterschiedlich verhalten, aufzutrennen.
Wenn man zum Beispiel einen Schnaps destillieren möchte, dann wird Wasser und Alkohol verdunstet. Wenn man den entstehenden Dampf nun kühlt, dann kondensiert der enthaltene Alkohol schneller als das Wasser. Jetzt kann man den flüssigen Alkohol einfangen und man hat ihn aus dem Gemisch isoliert.
Kryodestillation beschreibt das Auftrennen einzelner Stoffe aus einem Stoffgemisch mit der Hilfe von geringen Temperaturen. Man kann CO2 isolieren, indem man Luft auf ca. -80 Grad Celsius abkühlt. Denn bei dieser Temperatur sublimiert das CO2, es wird von einem Gas zu einem festen Stoff. Andere Bestandteile der Luft wie Stickstoff oder Sauerstoff sind bei diesen Temperaturen noch gasförmig. Also muss man das nunmehr feste CO2 nur noch einsammeln.
Das klingt natürlich sehr einfach. Ist es aber in Realität nicht. Das Erreichen von einer so niedrigen Temperatur wie -80 Grad Celsius ist sehr energieaufwändig. Außerdem ist in der Luft nur sehr wenig CO2 enthalten, nämlich nur 0,4%. Deswegen ist die Ausbeute dieses Verfahrens recht gering.
Aber es gibt die Idee, die geringen Temperaturen in der Stratosphäre zu nutzen, um CO2 energieeffizienter isolieren zu können.
Welche Eigenschaften hat die Stratosphäre?
Wenn ich von der Erdoberfläche aus in einen Ballon steige und losfliege, dann nimmt die Temperatur bis zur Stratosphäre in einer Höhe von ca. 12 Kilometern immer mehr ab. Das liegt daran, dass sich Luft bei Ausdehnung abkühlt und der Luftdruck abnimmt, je höher ich fliege. Mit Beginn der Stratosphäre ändert sich das – langsam nimmt die Temperatur wieder mit größerer Höhe zu weil das in der Stratosphäre enthaltene Ozon UV-Strahlung aufnimmt und sich so erwärmt.
Der untere Bereich der Stratosphäre ist also auch der kälteste Teil der Atmosphäre [1].
Zusätzlich weht im unteren Bereich der Stratosphäre ein starker Wind, der sogenannte Jetstream. Und zwar sehr stark, mit Windgeschwindigkeiten von 200-500 Kilometern pro Stunde.
Wie könnte uns das bei der Lösung des Klimawandels helfen?
High Hopes Labs plant, Wetterballons in die Stratosphäre zu senden. An den Wetterballons sollen gekühlte Metallplatten angebracht sein, auf denen das CO2 ähnlich wie Eisblumen anfriert. Dank der geringen Temperaturen in der Stratosphäre soll nicht so viel Kühlung notwendig sein, um das CO2 zu isolieren.
Das festgefrorene CO2 wird dann eingesammelt und in einen Tank gespeichert. Im Laufe der Zeit füllt sich der Tank und wird immer schwerer. Wenn ein gewisses Gewicht erreicht wird, dann sinkt der Wetterballon von selber wieder in Richtung Erde ab [2].
Auf der Erde wird dann der Ballon eingesammelt und das CO2 kann nun entweder weiterverarbeitet oder dauerhaft sequestriert werden. Zum Beispiel könnte man das CO2 in tiefe Gesteinsschichten pumpen, von wo es nicht mehr an die Oberfläche gelangt.
Praktischerweise steht das CO2 aus den Tanks von den Ballons bereits unter Druck. Immerhin wurde es bei großer Kälte in einem gefrorenen Zustand eingesammelt. Bei der wärmeren Temperatur auf der Erde dehnt es sich in den Tanks aus, so dass Druck entsteht.
Als ich den Artikel geschrieben habe, ist mir etwas aus meiner Schulzeit eingefallen: CO2 hat ja eine größere Dichte als andere Bestandteile der Luft und sinkt deswegen tendenziell ab. Ist denn überhaupt noch genug CO2 in der Stratosphäre zu finden?
Aber das scheint noch kein Problem zu sein, in der niedrigen Stratosphäre ist die Konzentration nur wenige ppm geringer als auf der Erde [3].
Wie groß sind die (möglichen) Auswirkungen, was sind die Limits?
Alles in allem wirkt es wie eine sehr clevere Idee. Der ganze Prozess macht sich Naturgesetzte zu Nutze um Dinge zu erreichen, für die man sonst eine Menge Energie benötigen würde.
Durch die geringe Dichte von Wasserstoff in den Wetterballons gelangen diese mit kaum Energieverbrauch in die Stratosphäre. Dort nutzt man die geringen Temperaturen aus, um mit geringem Aufwand CO2 mittels Kryodestillation einzusammeln. Sind die Tanks voll, nimmt das Gewicht des Ballons zu und er sinkt von alleine auf die Erde zurück. Und dann am Ende hat man bereits unter Druck stehendes CO2 in den Tanks, also spart man hier auch Energie, denn für die Speicherung von CO2 muss dieses in der Regel unter Druck stehen. Und man könnte die Ballons in der Nähe zu passenden Orten für eine dauerhafte Speicherung des CO2s steigen lassen, so dass sich auch der Transport einfach gestaltet.
Allerdings ist diese Technologie noch weit von einer tatsächlichen Nutzung entfernt. High Hopes Labs konnte zeigen, dass der Ansatz grundsätzlich funktioniert. Aber nur mit einem kleinen Ballon und einem Prototyp.
Aber schon jetzt verspricht High Hopes Labs, dass mit den Ballons CO2 für weniger als 100$ pro Tonne isoliert werden kann [4]. Das ist günstiger als alle anderen zur Zeit bekannten Technologien. Wenn High Hopes Labs also seine Versprechen einhält, dann hätte die Methode keinerlei Probleme sich zu finanzieren: Sie könnte den Markt für Carbon Offsetting nutzen. Und wenn sich eine Technologie rechnet, dann wächst sie und kann so vielleicht tatsächlich eines Tages ein Teil der Lösung werden.
Um in Zukunft einen relevanten Beitrag zur Lösung des Klimawandels leisten zu können, soll eine Flotte von großen Wetterballons regelmäßig aufsteigen und pro Tag eine Tonne CO2 einsammeln.
Das klingt also alles sehr gut, aber so recht fehlt mir die Fantasie, wie diese Lösung in Realität aussehen soll. Um eine relevante Menge CO2 einsammeln zu können, werden sehr viele Ballons benötigt. Wenn ein Ballon 1 Tonne CO2 pro Tag einsammeln kann, dann brauchen wir 2740 Ballons für eine Million Tonnen in einem Jahr. Wie sollen so viele Ballons täglich eingesammelt werden, wenn sie wieder auf der Erde gelandet sind: wegen dem Jetstream müssten sie doch über hunderte Kilometer verteilt landen?
Also alles in allem eine coole Idee, aber ich denke nicht, dass sie einen signifikanten Teil der Lösung des Klimawandels darstellen wird. Aber ich lasse mich natürlich super gern vom Gegenteil überzeugen.
Quellen:
[1] Stratosphäre – Klimawandel (bildungsserver.de)
[2] About us | HighHopes (highopeslabs.com)
[4] High Hopes Labs Receives Patent For Its Carbon Capture Balloons (carbonherald.com)