Inzwischen gibt es kaum eine Firma oder kaum ein Land, das noch nicht angekündigt hat, CO2-neutral zu werden. Selbst den Endkunden wird zum Beispiel bei Flügen angeboten, ein paar Groschen draufzulegen und ihr Teil des Flugs könne ebenfalls CO2-neutral werden. Viele solcher Versprechen der CO2 Neutralität greifen auf Carbon Offsetting zurück – Statt selber das CO2 nicht mehr selber zu emittieren, bezahlt man Projekte, die CO2 aus der Luft ziehen oder zukünftige Emissionen reduzieren sollen.

Wie funktioniert Carbon Offsetting?

Carbon Offsetting beschreibt die Kompensation von Treibhausgasemissionen durch Investitionen in Projekte, die Treibhausgase reduzieren oder aus der Atmosphäre entfernen sollen.

Ein Anbieter verspricht zum Beispiel, ein Moor anzulegen. Hierdurch würden zum Beispiel 10 Tonnen CO2 pro Jahr und Hektar sequestriert und der CO2 Ausstoß durch Trockenlegen des Moores stoppt. Das Wiedervernässen des Moores kostet aber Geld. Deswegen verkauft der Anbieter Zertifikate für das eingesparte CO2 und finanziert so die Maßnahme.

Die Firmen, welche freiwillig CO2-neutral werden wollen, kaufen dann solche Zertifikate. Sie stoßen zwar weiterhin CO2 aus, aber finanzieren gleichzeitig Projekte, die die selbe Menge CO2 wieder einsparen. Natürlich idealerweise, nachdem sie bereits versucht haben, ihre Emissionen an anderen Stellen so weit wie möglich zu reduzieren.

Was sind die Vorteile von Carbon Offesetting?

Also lasst uns zunächst einmal die positiven Aspekte und Chancen von Carbon Offsetting hervorheben:

  • Ermöglichen von Umweltschutzprojekten und Technologien: Viele sinnvolle Projekte zum Sequestrieren von CO2 oder zum Umweltschutz sind nicht aus sich selber heraus wirtschaftlich lohnend. Es lohnt sich für einen Bauern mehr, ein Feld anzulegen, als einen Moor auf seinem Land wiederzuvernässen. Und für ganz wilde Ideen wie das Vergraben von Algen in der Wüste, gibt es keine wirtschaftliche Notwendigkeit. Carbon Offsetting schafft einen Weg, solche Projekte zu ermöglichen und finanziell interessant zu machen. Es schafft einen Markt für nachhaltige Projekte.
  • Verbesserung der Nachhaltigkeit: Kompensationsprojekte haben oft einen zusätzlichen Nutzen, welcher über ein reines Sparen der Emissionen hinausgeht, z.B. kann ein neu angelegtes Moor eine Verbesserung der Luftqualität, Schutz der Artenvielfalt, Auffüllen von Grundwasser und die Förderung lokaler Bevölkerung bewirken [1].
  • Anreiz zur Effizienz: Eine Firma verspricht freiwillig, innerhalb eines gewissen Zeitraums CO2-neutral zu werden. Um das zu erreichen, muss sie nun entweder ihre Emissionen herunterfahren, oder nachhaltige Projekte finanzieren. Carbon Offsetting schafft also einen Anreiz, effizienter zu werden, um weniger Projekte finanzieren zu müssen. Immerhin kostet jede Tonne CO2 nunmehr die Firma bares Geld.

Was sind die Nachteile von Carbon Offsetting?

Carbon Offsetting hat allerdings einen recht schlechten Ruf, denn gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Manche Quellen gehen so weit zu behaupten, dass Carbon Offsetting mehr Schäden anrichtet, als zu beheben und nennen es pauschal Greenwashing [2]. Eine EU-Studie von 2021 fand heraus, dass 52% aller Carbon Offsetting Projekte kein CO2 einsparen, welches nicht ohnehin eingespart worden wäre [3]. Eine Studie von 2017 hatte dies sogar 85% aller Projekte attestiert [4].

Mit Carbon Offsetting Projekten kann man nämlich eine ganze Menge willentlich oder versehentlich falsch machen:

Mangelnde Transparenz:

Einige Kompensationsprojekte sind nicht transparent und wurden nicht gründlich überprüft. Das macht es gerade für den Endkunden nahezu unmöglich festzustellen, ob das Projekt auch hält, was es verspricht. Der Kunde kann sich zum Beispiel nicht immer sicher sein, dass tatsächlich ein Regenwald in Höhe der Emissionen wiederangelegt wurde.

Ineffektive Methoden:

Für das Carbon Offsetting gibt es keine einheitlichen Standards, was eigentlich ein zulässiges Carbon Offsetting Projekt ist. Und das kann dann dazu führen, dass zum Beispiel energieeffizientere Kochgerätschaften in einem indischen Dorf, ein Offshore-Windpark, oder ein nicht abgeholzter Wald auf dem Carbon Offset Markt landen. Und bei solch unterschiedlichen Projekten kann man kaum beurteilen, ob sie tatsächlich alle gleich sinnvoll sind. Man weiß ja nicht, ob die Dorfbewohner jetzt nicht einfach auf den alten und den neuen Kochgerätschaften gleichzeitig kochen, der Windpark sich nicht auch ohne Subventionen lohnt und gar niemand vorhatte, den Wald abzuholzen…

Mögliche negative Auswirkungen:

Kompensationsprojekte können negative Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften oder Ökosysteme haben, wenn sie nicht sorgfältig geplant und verwaltet werden. So finden sich zum Beispiel Geschichten, dass lokale Bevölkerung vertrieben wurde, um Wälder zu renaturieren.

Dauerhaftigkeit der Sequestrierung:

Eine Firma emittiert große Mengen CO2 und finanziert als Ausgleich ein großes Aufforstungsprojekt. In den folgenden Jahren kommt es zu einer anhaltenden Dürre, gefolgt von Waldbränden und Käferbefall, welche den als Carbon Offset neu angelegten Wald vernichten. Dann war das Offsetting quasi umsonst und die Emissionen dennoch emittiert gewesen. Man weiß eben nie, wie sicher eine Carbon Offsetting Methode tatsächlich ist.

Wegen all dieser möglichen Fehler kann sich eine Firma und eine Endkunde nicht wirklich sicher sein, ob das Projekt so viel CO2 einspart wie es verspricht. Und damit ist die Firma vielleicht gar nicht so CO2-neutral, wie sie verspricht. Das kann sehr negative Auswirkungen haben: Wahrscheinlich macht die Firma nun Werbung mit ihrer CO2-Neutralität und Kunden sind beeindruckt. Sie kaufen eher von der Firma und erzeugen so mehr CO2, aber eben ohne dieses richtig zu kompensieren. Auf diese Weise könnten schlecht gemachte Carbon Offsetting Projekte sogar in der Summe zu einem Mehr an CO2 Emissionen führen.

Was muss passieren, damit Carbon Offsetting ein sinnvolles Werkzeug wird?

Carbon Offsetting hat ein riesiges Potential, einen Markt für nachhaltige Projekte zu schaffen. Aber dafür muss das Vertrauen geschaffen werden, dass auch tatsächlich sinnvolle Projekte finanziert werden und die Kritiker nicht mit ihrem Vorwurf des Greenwashings recht behalten.

Grundsätzlich gibt es einige Prinzipen für ein sinnvolles Carbon Offsetting Projekt. Das Projekt muss vor allem additional sein („Eine Maßnahme hätte nicht ohne dem Geld aus dem Investment ohnehin stattgefunden“), transparent sein („Wie viel wurde durch welche Maßnahmen erreicht“) und auch permanent sein („Das Ziel der Maßnahme wird für einen langfristigen Zeitraum erreicht“).

Es gibt einige international anerkannte Standards, nach denen sich ein Projekt bewerten lassen kann. Zum Beispiel der sogenannte Goldstandard [5]. Solch eine Zertifizierung löst diverse Probleme. Ein Käufer weiß nun, dass das Offset, welches er kauft, auch tatsächlich existiert. Ein Projektentwickler kann herausfinden, was es bedarf, damit zum Beispiel sein Wiederaufforstungsprojekt auch sinnvoll ist. Und zusätzlich schafft der Standard die Plattform, auf der Käufer und Projektentwickler zusammenfinden.

Damit stellen international anerkannte und verlässliche Standards meiner Meinung nach den wichtigsten Grundpfeiler da, damit der freiwillige Carbon Offsetting Markt weiter wachsen kann. Und das ist elementar wichtig für die Bewältigung des Klimawandels. Der Carbon Offset Markt macht einige der auf dieser Website vorgestellten Technologien erst finanziell möglich. Ohne Geld könnten nämlich die Technologien nicht umgesetzt werden. Und wer sollte die Umsetzung denn eher bezahlen, als die Firmen, die klimaneutral werden wollen?

Quellen:

[1] https://news.stanford.edu/2017/08/14/carbon-offsets-wide-ranging-environmental-benefits/

[2] https://theconversation.com/carbon-offsets-can-do-more-environmental-harm-than-good-26593

[3] https://www.cesifo.org/en/publications/2021/working-paper/do-carbon-offsets-offset-carbon

[4] https://climate.ec.europa.eu/system/files/2017-04/clean_dev_mechanism_en.pdf

[5] https://www.goldstandard.org/

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