Lange galt Carbon Capture and Storage (CCS) als eine böse Technologie: Das Einfangen von CO2, wo es emittiert wird und die anschließende Speicherung. Kritiker meinten, es würde eine Entschuldigung für einen Weiterbetrieb von Kraftwerken erlauben, wo sie doch lieber gleich abschalten sollte. Und außerdem hätte es ja noch nie funktioniert in der Vergangenheit.
In Deutschland war man der Meinung, dass Carbon Capture and Storage (CCS) eine unnötige und viel zu gefährliche Technologie sei. Denn unsere deutschen Wälder würden völlig ausreichen, unsere zukünftigen CO2 Emissionen aufzunehmen [1].
Deswegen wurde diese Technologie faktisch per Gesetz verboten. Aber vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels scheint hier ein Umdenken stattzufinden [2]. Was aber genau ist dieses CCS?
Wie funktioniert CCS?
Carbon Capture and Sequestration (CCS) beschreibt die Techonolgie, dass CO2 eingefangen und anschließend gespeichert wird. Dieser Prozess lässt sich in die folgenden drei Prozessschritte unterteilen:
- Isolieren des CO2
- Transport zum Speicherort
- Dauerhafte Speicherung
Wie wird das CO2 isoliert?
CCS beschreibt das Einfangen von CO2, dort wo es entsteht. Im Gegensatz zum Direct Air Capture (DACC) – hierbei würde das CO2 direkt aus der Luft gefiltert.
CO2 entsteht vor allem bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Aber auch bei anderen industriellen Prozessen. Zum Beispiel bei der Herstellung von Zement. Und natürlich ist es viel einfacher, CO2 direkt nach der Entstehung abzufangen, ehe es in die Atmosphäre entweicht, wo es erst unter großen Anstrengungen wieder herausgefiltert werden müsste.
Wenn wir CCS bei Biomassekraftwerken einsetzen, dann schlagen wir sogar mehrere Fliegen mit einer Klappe. Wir würden nämlich so Energie erzeugen und gleichzeitig CO2 aus der Atmosphäre ziehen. Denn die verbrannte Biomasse wurde ja aus Pflanzen gebildet, die eben mit Photosynthese CO2 gebunden haben, dass dann aber nach dem Verbrennen im Kraftwerk unter die Erde gepumpt wird.
Es gibt verschiedene Ansätze, um das CO2 einzufangen [3]:
- Pre-Combustion: Vor der Verbrennung wird dem Brennstoff unter Druck Wasserdampf (H2O) zugeführt, so dass aus verbrennendem Kohlenstoff zunächst CO2 und H2 entsteht. Das CO2 wird dann vom Wasserstoff abgetrennt.
- Post-Combustion: Nach der Verbrennung wird das CO2 aus den Verbrennungsprodukten isoliert.
- Oxyfuel: Die Verbrennung läuft statt mit Luft mit reinem Sauerstoff ab. Dadurch entsteht auch reineres CO2, welches im Anschluss isoliert wird.
Wie wird das CO2 zum Ort der Speicherung transportiert?
Nachdem man das CO2 isoliert hat, transportiert man es an einen Ort, wo man es dauerhaft speichern kann. Idealerweise verwendet man für den Transport Pipelines, da sich das CO2 so am effizientesten transportieren lässt. Weltweit, vor allem in den USA sind bereits tausende Kilometer solcher Pipelines installiert.
Für den Transport über das Meer sollen in Zukunft Tanker eingesetzt werden, die das CO2 weltweit einsammeln und zu Speicherstätten in Norwegen transportieren. Zumindest wenn es nach den Plänen der Erdölriesen Equinor, Shell und TotalEnergies geht [4].
Wie wird das CO2 dann gespeichert?
Am Ort der dauerhaften Speicherung wird das CO2 unter hohem Druck tief unter die Erde oder den Meeresboden gepumpt. Zur Speicherung werden Gesteinsformationen gewählt, die entweder so undurchlässig sind, dass das CO2 nicht entweichen kann, oder die schnell mit dem CO2 reagieren und es so dauerhaft speichern.
Es gibt auch den Ansatz, das CO2 in Gas- oder Ölfelder zu pumpen um so mehr fossile Brennstoffe zu gewinnen (Enhanced Oil Recovery). An einer Stelle wird etwas hineingepumpt, so dass das Gas oder das Öl an anderer Stelle herausgedrückt wird.
Noch ein anderer Ansatz könnte sein, dass eingefangene CO2 sinnvoll zu nutzen, zum Beispiel zum Düngen von Pflanzen, zur Erzeugung von Kunststoffen oder von Biokraftstoffen. Dieses Vorgehen nennt man dann Carbon Capture and Utilisation (CCUS)
Wo wird schon CCS eingesetzt?
CCS ist keine neue Technologie. Zu Zwecken des Enhanced Oil Recovery wird sie seit den siebziger Jahren eingesetzt. Dennoch wird es bislang nur in einigen wenigen Anlagen eingesetzt.
Im Jahre 1996 wurde die erste CCS Anlage mit dem Ziel der Sequestrierung von CO2 in Betrieb genommen: Das Sleipner Projekt in Nowegen. Jährlich wird hier eine Megatonne CO2 sicher unter den Meeresgrund gepumpt. Nach Angaben der Betreiber ist in den Gesteinsstrukturen noch für bis zu 600 Gigatonnen CO2 platz [5].
In den IPCC Reports von 2007 (AR4) und 2014 (AR5) wurde CCS als eine der notwendigen Lösungen des Klimawandels vorgestellt. Ein Special Report zum Thema stellte ausführlich den Stand der Technik und Potentiale der Technologie dar [6]. Dennoch konnte sich CCS nie wirklich durchsetzen: Technische Schwierigkeiten und politische Widerstände führten dazu, dass ein Großteil der geplanten CSS Projekte nie umgesetzt wurden und im Jahr 2022 nur Anlagen mit einer Leistung von 40 Megatonnen im Betrieb sind.
Das Potential für CCS liegt laut dem IPCC deutlich höher. Zum Berechnen wurden hierbei die Emissionen aller Industrieanlagen zusammengezählt, die mehr als 0,1 Megatonnen CO2 pro Jahr ausstoßen. So kommt man auf ein Potential für CCS von 1,35 Gigatonnen [6]. Damit hätte man also zur Zeit nur 3% des Potentials dieser Technologie ausgenutzt.
Warum gibt es so starke Widerstände gegen CCS?
Wie bei jeder Technologie mit dem Potential, ein Teil der Lösung des Klimawandels zu werden, gibt es kritische Stimmen. Tatsächlich haben besorgte Bürger und Aktivisten einen nicht unerheblichen Beitrag zum bisherigen Nichteinsatz von CCS geleistet [7]. Die Argumente der Kritiker lassen sich in die folgenden Kategorien einordnen:
Whatabout Erneuerbare Energien?
Wir finden erstmal diese Technologie unsinnig. Wir halten es für günstiger, dass wir in Erneuerbare Energien investieren und forschen. Das halte ich für eine sehr zukunftsträchtige Herausforderung. Viel besser, als wenn man Kohle, die größte CO2-Schleuder, sauber zu machen, in dem man versucht, CO2 in der Erde zu verpressen.
Eine Bürgerinitiative [7]
Ein unglaublich arrogantes Argument. Natürlich sind erneuerbare Energien toll. Aber um manche Emissionen werden wir auch in Zukunft nicht herumkommen. Und auch weltweit werden uns fossile Brennstoffe und Industriemissionen noch ein wenig verfolgen, warum die nicht etwas reduzieren? Und wenn wir effektives CCS schon haben, dann können wir so auch CO2 negativ Energie erzeugen aus dem Verbrennen von nachwachsenden Rohstoffen. Der Klimawandel ist ein ernstzunehmendes Problem – da sollten wir doch bitte auf alle technischen Möglichkeiten zurückgreifen…
Das wird ja eh nichts…
Bislang waren CCS Projekte vor allem teuer und haben noch bei weitem nicht die angekündigten Leistungen erbracht. Also muss CCS eine schlechte Technologie sein. Und was das alles kostet…
Sinngemäß sehr humorvolle australische Bürger [8]
Das Argument ist augenscheinlich Unfug. Alles mögliche hat erst einmal nicht funktioniert, bis es durch genug Innovationen erst funktioniert hat. Natürlich sollte man an nicht alle Eier in einen Korb legen und nur an CCS forschen, aber das stand ja auch nie zur Debatte. Wie gesagt – der Klimawandel ist ein Problem, das man ernstnehmen sollte und mögliche Lösungen sollte man nicht einfach so fallenlassen, weil es bisher noch nicht im versprochenen Maße funktioniert hat.
Pipelines? Klingt gefährlich!
Pipelines können Explodieren oder Risse bekommen oder sonstwie zerstört werden. Dann tritt das enthaltene Gas aus. CO2 ist recht hinterhältig, es sammelt sich am Boden an und verdrängt den Sauerstoff, so dass man daran ersticken kann.
Ich selber, als Zusammenfassung was ich dazu gelesen hab.
Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen: man sollte definitiv die Pipelines so bauen, dass sie ganz bleiben. Besonders schwierig oder komplizierter als normale Erdgaspipelines sind CO2 Pipelines aber nicht [9].
In den Boden pumpen? Klingt noch viel gefährlicher!
Die unterirdische Lagerung von Kohlendioxid stecke voller Risiken, niemand könne voraussagen, ob eine solche Speicherung langfristig sicher sei, so die Parlamentarierin, die vor einem „neuen Endlagerproblem“ warnte.
Eva Bulling-Schröter, eine Bundestagsabgeordnete der Linken [10]
Auch hier sollte man natürlich vorher schauen und überlegen was man tut. Aber insgesamt scheint auch das Pumpen in den Boden kein ernstzunehmendes Problem darzustellen.
Was du also zu CCS wissen solltest:
CCS beschreibt das Einfangen von CO2 direkt wo es entsteht. Das ist viel sinnvoller, als es später wieder aus der Atmosphäre ziehen zu müssen. Natürlich wäre es noch sinnvoller, schon vorher weniger CO2 zu emittieren. Aber CO2 Emissionen werden sich auch in Zukunft nicht immer verhindern lassen, weil man zum Beispiel noch ein Weilchen auf die Energie- oder Zementerzeugung angewiesen sein wird.
Also fängt man das CO2 ein und transportiert es an einen geeigneten Speicherort. Dort pumpt man es in tiefe Gesteinsschichten, wo es idealerweise dauerhaft bleibt.
Ich bin der Meinung, dass man technologisch sinnvolle Möglichkeiten nicht aus ideologischen Grabenkämpfen ausschließen sollte. Zu dem Schluss scheinen sogar die Grünen inzwischen gekommen zu sein [11] und folgen damit den Empfehlungen von zum Beispiel dem IPCC [12].
Damit wird CCS einen Teil der Lösung des Klimawandels darstellen. Aber wohl eher nicht in der Form, dass alle Emissionen aus allen Kraftwerken einfangen, die wir heute haben. Sondern stattdessen als eine Art letztes Mittel, um CO2 Emissionen aufzufangen, die man anders nicht wegbekommt. Und hoffentlich wird in Zukunft an CCS bei Biomassekraftwerken eingesetzt, so dass wir CO2 negativ Energie erzeugen können.
Quellen:
[2] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/habeck-gasspeicherung-101.html
[3] https://rebellion.global/blog/2021/02/18/guide-to-ccs/
[6] https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/03/srccs_technicalsummary-1.pdf
[7] https://www.deutschlandfunkkultur.de/protest-gegen-ccs-das-scheitern-einer-technologie-100.html
[8] https://www.youtube.com/watch?v=MSZgoFyuHC8
[9] https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/03/srccs_chapter4-1.pdf
[10] https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2011/34372526_kw19_de_ccs-205318
[11] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/habeck-gasspeicherung-101.html
[12] https://report.ipcc.ch/ar6syr/pdf/IPCC_AR6_SYR_SPM.pdf