Im Jahr 2022 brachte die wohl berühmteste Klimaaktivistin der Welt, Greta Thunberg, ein Buch heraus, „The Climate Book“. Die Erwartungen an das Buch sind also hoch. Dessen ist Greta sich auch selber bewusst, gleich zu Anfang stellt sie ihr Buch vollkommen überzeugt als zukünftiges Standardwerk zum Klimawandel vor.

The Climate Book von Great Thunberg
The Climate Book will ein Standardwerk zum Klimawandel werden.

In diesem Review möchte ich die Frage beantworten, ob das Buch das Zeug zum Standardwerk hat. Außerdem welche Lösungsansätze es gegen den Klimawandel vorschlägt. Und für wen ich das Buch empfehle, für wen eher nicht.

Was ist das für ein Buch?

Das Buch ist in die folgenden Kapitel aufgeteilt:

  1. Wie das Klima funktioniert
  2. Wie sich unser Planet verändert
  3. Wie uns das betrifft
  4. Was haben wir bisher getan
  5. Was jetzt getan werden muss

Dabei lassen die ersten drei Kapitel keinen Zweifel daran, dass es schlecht um unseren Planeten steht. Das vierte Kapitel legt dar, dass bisher viel zu wenig gegen die nahende Katastrophe unternommen worden sei. Und das fünfte Kapitel versucht sich dann daran, einen Weg aus der Krise aufzuzeigen.

Die einzelnen Kapitel sind so aufgebaut, dass zu einer breiten Palette an Themen international anerkannte Experten wie Margaret Atwood, George Monbiot oder Bill McKibben zu Wort kommen. Greta Thunberg moderiert die Kapitel an oder teilt ihre Meinungen zu einzelnen Themen zwischendurch mit.

An manchen Stellen wird das Buch unfreiwillig komisch.

Wenn Greta Thunberg ihre Teile des Buchs mit epischen Onelinern einleitet, dann habe ich mich eher an einen Avengers – Film erinnert gefühlt, als an ein Buch über den Klimawandel:

The World has a fever.

Greta Thunberg

Oder:

Hope is something you have to earn.

Greta Thunberg

Insgesamt ist das Buch ein wütender Aufruf die Welt so zu ändern, dass der Klimawandel gestoppt werden kann. Dabei folgt es einer radikalen Logik, die ich ganz und gar nicht teile, die aber in dem Buch gut dargelegt wird.

Zielpublikum sind vor allem Leser, die sich noch nicht so viel mit dem Thema Klimawandel beschäftigt haben und bereits engagierte Klimaaktivisten, die sich in ihrer Marschrichtung bestätigt sehen wollen.

Wie fand ich das Buch?

Insgesamt zielt das Buch vor allem darauf ab, den Leser zum Aktivismus gegen den Klimawandel zu motivieren. Dafür zieht das Buch alle Register.

Ein Fokus auf die Probleme

Ein großer Teil des Buches stellt all die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels dar. Auf diverse mögliche Kipppunkte des Klimas wird kurz eingegangen. In jeweils eigenen Unterkapiteln gibt das Buch einen umfassenden Überblick darüber, wie die Zukunft aussehen könnte.

Durch die Einbeziehung von Experten für die jeweiligen Themengebiete werden die Probleme umfassend beleuchtet. An dieser Stelle konnte ich eine Menge neuer Informationen zum Klimawandel und dessen Auswirkungen mitnehmen.

Bei all den angesprochenen zukünftigen Katastrophen kann einem ganz mulmig werden. Das ist auch Ziel des Buches, wie an mehreren Stellen betont wird. Die Wichtigkeit des Themas wird damit herausgegeben, es geht beim Klimawandel um nicht weniger als die Rettung der Welt.

Die da sind Schuld

Die Klärung der Schuldfrage für den Klimawandel nimmt in dem Buch viel Platz ein. Es findet sich kaum ein Kapitel in dem nicht die immense Schuld des „globalen Nordens“ oder der „Konzerne“ breitgetreten wird.

Dieses „Blamegame“ ist mir über das Buch immer wieder übel aufgestoßen. Denn Greta Thunberg vertritt eine sehr radikale Einstellung, in der Menschen in gut und Böse eingeteilt werden.

An einer Stelle wird es richtig spannend. Greta Thunberg stellt die Frage, wie wir in die Lage geraten konnten, dass die Welt am Abgrund steht. Sie stellt die zwei Möglichkeiten auf:

  1. Die Menschen haben gewusst was auf sie zukommt. Damit hätten die Menschen sich und alle anderen mit Vorsatz in diese Krise gesteuert. Und damit wäre die Menschheit Böse und unsere Welt hoffnungslos verloren.
  2. Aber die Menschen sind eben nicht böse. Damit können sie also nicht das ganze Bild gesehen haben. Die Menschen wurden also getäuscht, manipuliert von den Regierungen, den Medien, Mächtigen und den Ölkonzernen (Die ganze Schwurbelpalette :P). Und das ist auch der Schluss, den Greta in ihrem Buch zieht.

Vergleiche und Logiken wie diese finden sich viele im Buch. Vor dem nahenden Weltuntergang wird jeder Einzelne zum Sünder oder Retter der Welt, die individuelle Schuld wird als Triebfeder für Aktivismus gesehen, die kollektive Schuld von Staaten und Konzernen als Grund, das Gesellschaftssystem umzustürzen.

Es ist ein Buch voller gegen: „die“ gegen „uns“, „Norden“ gegen „Süden“, „Mensch“ gegen „Natur“. Kompromisse werden als Blabla abgetan und wissenschaftlicher Diskurs als Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können.

Und was ist nun zu tun?

In dem Kapitel zu den Lösungsansätzen wird das Problem des Klimawandels noch größer gemacht als es ohnehin schon ist: Die Rettung der Welt soll auch gleich noch die Welt zu einem besseren Ort für jeden machen.

Das ist auch logisch, wenn man der bisherigen Argumentation folgt. Denn bisher waren „die“ an der Macht. „Die“ haben aber nicht nur den Klimawandel ausgelöst, sondern auch ihre Machtverhältnisse zementiert, indem sie alle anderen Übel der Welt erschaffen haben – Rassismus, Sexismus, Kapitalismus etc.

Wenn jetzt also die Guten an die Macht kommen und das Klima retten, dann können wir gleich auch die perfekte Welt bauen.

Aber tatsächliche Ideen, wie die Gesellschaft in Zukunft aussehen soll, sind weniger Thema des Buches. Das Buch geht auch sehr wenig darauf ein, wie eine Lösung des Klimawandels tatsächlich aussehen könnte. Ein paar Ideen werden kurz angesprochen, es fallen Stichworte wie Rewilding oder Veganismus.

Das sind aber eher Randnotizen. Laut dem Buch ist alles kein Problem, wenn wir nur genug Wissen haben, zusammenhalten und „die“ uns nicht mehr kontrollieren.

Der Fokus liegt also vor allem auf dem Weg zum Ziel. Und der Weg soll in dem Buch so aussehen, dass alle Menschen auf einen Krieg gegen den Klimawandel eingeschworen werden (Ja, als Vorbild wird tatsächlich Umgang Kanadas mit dem zweiten Weltkrieg genannt). Dazu sollen die Menschen mit Hilfe von Aktivismus, Aufklärung über die Ausmaße der Klimakatastrophe, Schuldgefühlen und mit Hilfe der Presse auf Linie gebracht werden.

Ein Wohlfühlbuch hat Greta Thunberg wirklich nicht geschrieben. Aber ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Wenn der Zweck groß genug ist, heiligt er dann die Mittel?

Für wen würde ich das Buch empfehlen?

Es gibt bestimmt Bücher, die auf weniger Seiten, optimistischer oder weniger ideologisch das selbe Wissen vermitteln. Und die den Leser mit mehr Ideen und Lösungsansätzen zurücklassen, wie wir den Klimawandel behandeln können.

Mir persönlich stoßen solche „die“ gegen „uns“ Erzählungen wie in diesem Buch immer ein wenig sauer auf, dafür bin ich zu wenig ein Fan von Verschwörungsmythen.

Diese Kritik soll aber nicht bedeuten, dass ich aus dem Buch nichts mitnehmen konnte. Insgesamt hat man nach der Lektüre die Bedeutung des Klimawandels verstanden und hat in sehr viele Probleme, Lösungsansätzen und Begriffe schon mal einen Einblick erhalten.

Nachdem ich dieses Buch gelesen habe, konnte ich außerdem viel besser verstehen, was radikale Klimaaktivisten antreibt.

Ich würde dir empfehlen, das Buch zu lesen, wenn:

  • Du einen ersten Überblick über das Thema erhalten möchtest
  • Dich Alarmismus und ein drohender Weltuntergang motivieren
  • Du die Ängste der Menschen vor der Klimaerwärmung nachvollziehen möchtest
  • Du die Gedankengänge und Logik von radikaleren Klimaaktivisten nachvollziehen möchtest

Ich würde dir davon abraten, das Buch zu lesen, wenn:

  • Du konkrete Lösungsansätze oder Zielbilder erwartest
  • Du dich für Details und tiefere wissenschaftliche Zusammenhänge interessierst
  • Dich Alarmismus und Angst eher Abschrecken

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert