Factfulness von Hans Rosling
Factfulness von Hans Rosling

In seinem Bestseller „Factfulness“ zeigt Hans Rosling, dass es in unserer menschlichen Natur liegt, Dinge zu negativ und dramatisch zu sehen. Er stellt die dahinterliegenden Denkmuster vor und zeigt Wege auf, wie wir in Zukunft faktenbasierter und korrekter denken können.

Zu Beginn des Buches stellt er dem Leser Fragen, die er im Laufe der Jahre Tausenden von Studenten, Politikern und Wissenschaftlern gestellt hat:

  1. Wie viel Prozent der Kinder auf der Erde sind heute mindestens einmal geimpft worden? (a: 20%, b: 50%, c: 80%)
  2. Wie viel Prozent der Weltbevölkerung leben in absoluter Armut? (a: 9%, b: 43%, c: 83%)
  3. Wie hoch ist die Lebenserwartung weltweit? (a: 35 Jahre, b: 58 Jahre, c: 72 Jahre)

Die richtigen Antworten sind c, a, c. Bei all diesen Fragen lagen die Befragten sehr oft falsch. So oft, dass ein zufällig ratender Schimpanse besser abgeschnitten hätte als die Studienteilnehmer.

Wie konnte es sein, dass gebildete Menschen auf der ganzen Welt so wenig über den Zustand der Welt wussten? Bloße Unwissenheit konnte es nicht sein, denn dann hätten die Teilnehmer im Durchschnitt in mindestens einem Drittel der Fälle richtig gelegen.

Laut Rosling haben die Teilnehmer die Welt grundlegend falsch verstanden. Die naheliegendste Erklärung für dieses falsche Verständnis wäre so etwas wie eine veraltete Schulbildung oder Medien, die ein verzerrtes Bild vermitteln. Rosling räumt dies ein, geht aber noch einen Schritt weiter. In seinem Buch stellt er Denkfehler vor, die dazu führen, dass wir die Welt nicht so wahrnehmen, wie sie wirklich ist. Einige dieser Denkfehler werden hier im Detail vorgestellt.

Der „Lücken – Denkfehler“

Einen Grund dafür sieht Rosling in unserer Neigung, die Gesellschaft als gespalten wahrzunehmen. Es gibt „die“ und es gibt „uns“, und dazwischen klafft eine Lücke. Zum Beispiel in unserem Verständnis der Welt. Wir gehen davon aus, dass es die „entwickelten Länder“ und die „Entwicklungsländer“ gibt. Es gibt die Armen und es gibt die Reichen. Den Norden und den Süden. Und weil wir das glauben, überschätzen wir die Zahl der Menschen, die in Armut leben, oder unterschätzen den globalen sozialen Fortschritt.

Diese Spaltung in Bezug auf Kindersterblichkeit, Kinderzahl oder Lebenserwartung ist der Zustand der Welt von vor 60 Jahren:

Wie die Grafik zeigt, war die Menschheit 1963 noch in zwei Gruppen geteilt. In Europa, Nordamerika und Japan lebten die Menschen lange und hatten wenige Kinder. Im Rest der Welt war die Lebenserwartung niedriger und die Kinderzahl höher.

Heute ist das anders:

Heute hat der Rest der Welt aufgeholt. Alle Menschen leben relativ lange, die Lebenserwartung liegt weltweit bei über 72 Jahren. Nur in einigen Ländern Afrikas haben die Familien im Durchschnitt noch sehr viele Kinder, aber das Leben ist besser geworden.

In den ärmsten Ländern der Welt leben die Menschen heute so lange wie 1960 in den reichsten Ländern. Es gibt kein Land, in dem die Lebenserwartung gesunken ist. Wir leben heute in einer Welt, die in Bezug auf Wohlstand, Bildung und Gesundheit immer enger zusammenrückt. Die meisten Menschen befinden sich in der Mitte, es gibt einige, denen es besonders gut geht, und einige, denen es schlechter geht. Und das ist sehr positiv.

Der „Lineare Denkfehler“

Betrachten wir eine Grafik, so haben wir automatisch den Eindruck, dass sich die Entwicklung linear in die gleiche Richtung weiter fortsetzen müsse.

Schaut man sich zum Beispiel die Entwicklung der CO2-Emissionen pro Kopf in Deutschland zwischen 1950 und 1970 an, kann einem Angst und Bange werden:

In diesen 20 Jahren haben sich die CO2-Emissionen verdoppelt. Wäre es linear weiter gegangen, hätten wir 1990 schon 21 Tonnen ausgestoßen und lägen heute bei über 30 Tonnen. Zum Glück ist es nicht so gekommen:

Tatsächlich erreichten unsere CO2-Emissionen in den achtziger Jahren ein Maximum und sinken seitdem kontinuierlich.

In der Natur ist Veränderung die größte Konstante. Endlose lineare Zusammenhänge gibt es weder in der Natur noch in der Gesellschaft. Vielmehr verlaufen die Zusammenhänge in Kurven aller Art. Wenn wir denken, dass Umweltverschmutzung, Kriege, Bevölkerung oder Armut immer weiter zunehmen, dann unterliegen wir diesem Denkfehler. Wir denken, dass die Welt in einem katastrophalen Zustand ist, weil sie sich irgendwann einmal verschlechtert hat und es deshalb immer so weitergehen muss.

Aber das stimmt nicht: Umweltverschmutzung, CO2-Ausstoß und auch Verkehrstote sind Beispiele für Statistiken, die in einer Gesellschaft mit steigendem Wohlstand zunehmen, aber ab einem bestimmten Niveau wieder zurückgehen. Sie verlaufen eben nicht linear, sondern in einer Kurve.

Fazit

Ich kann das Buch „Factfulness“ wirklich jedem nur wärmstens empfehlen. Vor allem sollte es jeder gelesen haben, der manchmal das Gefühl hat, die Welt gehe vor die Hunde. Denn die Welt könnte zwar viel besser sein, aber gleichzeitig wird sie in vielen Bereichen auch besser. Das ist kein naiver Optimismus, sondern ein nüchterner Blick auf die Zahlen. Trotzdem bleibt noch viel zu tun, und es wäre falsch, stehen zu bleiben und sich auf den bisherigen Erfolgen auszuruhen.

Es hilft aber auch nicht, ein überdramatisches Bild einer bald untergehenden Welt zu zeichnen. Denn dann würden wir übersehen, dass die Menschheit auch vieles richtig macht. Und von dem, was wir richtig machen, sollten wir in Zukunft noch viel mehr tun.

Und noch eine Link-Empfehlung: Unter https://www.gapminder.org/ kann man sich auch einmal an den Fragen von Rosling versuchen und über hübsch animierte Grafiken einen faktenbasierten Einblick in die Entwicklung der Welt bekommen.

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